Freitag, 17. Dezember 2010

Allerheiligen / Wszyskich Świętych

Obwohl schon einige Zeit verstrichen ist, möchte ich doch noch von einem meiner liebsten polnischen Feiertage sprechen. Allerheiligen (Wszyskich Świętych). Am 1. November wird er gefeiert und ehrt die Verstorbenen. Ganz Polen scheint auf den Beinen oder auf den Straßen zu sein, um die Gräber der nahen Verwandten zu besuchen, die größeren Städte richten Sonderbuslinien ein und regelmäßig wird in den Verkehrsnachrichten über verstopfte oder wieder freie Straßen berichtet.
Die Friedhöfe sind so stark besucht wie nie, vor dem Eingangstor kann der eilende Reisende noch Grabkerzen in allen Formen und Größen und Blumen für die Gräber erwerben, die er dann den Toten mitbringt. Auch die lebende Verwandtschaft besucht einander, man isst und trinkt gemeinsam und unterhält sich nicht selten auch über die kürzlich Verstorbenen, die somit immer noch irgendwie anwesend sind. Oft besucht man den Friedhof zweimal, früh zur Messe und abends, um den erleuchteten Friedhof zu bewundern.
Ein Grab mit nur einer einzelnen Kerze findet man selten, ein ganzes Kerzenmeer ist Standard, möglichst viele unterschiedliche Kerzen drücken die Liebe und das Andenken der Hinterbliebenen aus. Ein weniger geschmücktes Grab als der Nachbar will man natürlich auch nicht haben.

Dieser tief in der polnischen Kultur verankerte Tradition lässt in dem hektischen Alltag innehalten und den sonst nach vorn gerichteten Blick rückwärts wenden, zu dem was war und zu denen die waren. Der Tod, die Vergänglichkeit und somit auch die Verletzlichkeit des Lebens werden zu einem bewussten Teil des gesellschaftlichen Lebens. Ob dieses Memento mori tiefere Auswirkungen auf die polnischen Alltag hat und nicht nur zu einer leeren Geste verkommen ist, mag ich nicht zu beantworten, schön ist es allemal.


Donnerstag, 16. Dezember 2010

Advent

Erzgebirgische Stimmung hält Einzug, "wenn is Raachermannl nabelt un is socht kaa Wort drzu, un dr Raach steicht an dr Deck nauf" (Wenn das Räuchermännchen qualmt und dazu kein Wort sagt und der Rauch bis an die Decke steigt), dann weiß man, dass die Pyramide und der Schwibbogen nicht weit sein können.
Ja, diese komischen Auslandsdeutschen, die diese ganzen eigenartigen Traditionen der deutschen Mittelgebirgsbewohner toll finden. Ich gehöre jetzt wohl auch dazu. Das sind wohl die unbewussten und verdrängten Sehnsüchte nach der Heimat mit ihrem Weihnachtsterror ab Mitte Oktober, der Weihnachtsmusik überall und den übervollen Weihnachtsmärkten mit Glühwein- und Bratwurstdunst. Das alles gibt es hier nämlich nicht und geschmückt wird pünktlich zum 1. Advent oder sogar später. In Deutschland habe ich Weihnachten immer gehasst, hier stelle ich selbst eine Pyramide auf, singe Weihnachtslieder und schaue dem Räuchermännchen zu, wie es Rauch aus seinem Holzmündchen stößt ... Ach...

Dazu noch das passende Lied: